EmS – Umgang mit Problemverhalten
Um die Verhaltensprobleme Ihres Kindes effektiv zu vermindern, sind, neben Veränderungen auf Schul- und Klassenebene, auch individuelle Unterstützungen wichtig und hilfreich. Zentral hierbei ist, dass Sie mit Ihrem Kind eine positive Beziehung aufbauen. Häufig geraten Eltern mit Kindern, die unruhige, impulsive und unaufmerksame Verhaltensprobleme aufweisen, in eine Art Teufelskreis: Die Eltern ermahnen ständig das Kind, werden schließlich ärgerlich und wissen nicht mehr, was sie tun sollen. Wenn es dem Kind aber schließlich gelingt, den Aufforderungen nachzukommen, dann sind die Eltern so froh, mit dem Tagesablauf weitermachen zu können und kommen nicht mehr dazu, das Kind zu loben oder ihm Aufmerksamkeit zu schenken. Dies trägt zur Aufrechterhaltung und Verstärkung der Problematik bei. Wichtig ist es, dass dieser Teufelskreis durchbrochen wird. Denn erst dann können die nächsten Schritte erfolgen: Nämlich klare Regeln aufstellen, wirkungsvolle Aufforderungen geben und positive wie auch negative Konsequenzen setzen. Auch Belohnungspläne können dann zum Einsatz kommen.


1. Durchbrechen Sie den Teufelskreis!
Im Ratgeber ADHS (Döpfner et al., 2007) wird anhand eines Interaktionsmodells (Teufelskreis) aufzeigt wie sich Verhaltensauffälligkeiten bei Kindern mit ADHS durch die Entwicklung negativer Eltern-/ Kind-Interaktionen verschlimmern können und es werden grundlegende Regeln für Eltern zum Umgang mit Kindern mit ADHS entwickelt.
Eine wichtige Basis für das Durchbrechen des Teufelskreises besteht darin, noch einmal verstärkt die positiven Eigenschaften des Kindes zu betrachten. Denn neben den vielen bestehenden Problemen gibt es häufig doch immer noch Dinge, die das Kind gut macht und die Sie an Ihm wertschätzen können. Es geht nicht darum, die Probleme, die da sind, schönzureden. Wir wollen Ihnen vielmehr einige Vorschläge machen, die Ihnen helfen sollen, eine negative Sichtweise, in die man bei Kindern mit Problemverhalten schnell hineinrutschen kann, ein wenig zu korrigieren. Mit diesen Maßnahmen werden sich sicher nicht alle Probleme lösen lassen, aber es ist häufig hilfreich, sich noch einmal vermehrt auf Positives zu konzentrieren und auch mit Ihrem Kind darüber zu sprechen. Nach unseren Erfahrungen können sich dadurch die Stimmung und die Beziehung zwischen Ihnen und Ihrem Kind verbessern und Spannungen sowie festgefahrene Verhaltensmuster können sich langsam wieder auflösen.
- Achten Sie besonders auf das, was Ihnen an Ihrem Kind gut gefällt (ist fantasievoll, sportlich …).
- Beachten Sie auch Kleinigkeiten und Selbstverständlichkeiten (denkt daran, sein Teller wegzustellen …).
- Achten Sie besonders auf Situationen, die Sie mit Ihrem Kind als angenehm erleben.
- Achten Sie darauf, wenn üblicherweise schwierige Situationen besser laufen als sonst.
- Zeigen Sie Ihrem Kind, wenn Sie etwas gut finden.
- Schreiben Sie am Ende des Tages auf, was gut gelaufen ist (siehe auch Das Positivtagebuch).
- Sprechen Sie mit Ihrem Kind über positive Ereignisse des Tages.
- Erwarten Sie keine Wunder!
2. Geben Sie wirkungsvolle Aufforderungen!
Aufforderungen sind verbale und nonverbale Anweisungen an Kinder, die auf die Einhaltung von Regeln oder spontan erfolgen. Eine Aufforderung sollte nur dann gestellt werden, wenn Sie anschließend dazu in der Lage sind, zu überprüfen, ob das Kind diese auch befolgt.
Wirkungsvolle Aufforderungen:
- sind klar und eindeutig formuliert (und nicht als Bitte)
- werden gestellt, wenn das Kind aufmerksam ist
- enthalten nur eine Anweisung (ansonsten Überforderung)
- sind handlungsorientiert: das Kind weiß genau, was von ihm erwartet wird
- sind positiv formuliert
- sind durchsetzbar
3. Setzten Sie Konsequenzen!
Die folgenden Punkte sollen dabei helfen, auf die Verhaltensprobleme des Kindes mit sogenannten natürlichen Konsequenzen zu reagieren und diese regelmäßig durchzuführen. Mit natürlich ist gemeint, dass die Konsequenzen sich möglichst aus dem Problemverhalten ergeben oder mit diesem im Zusammenhang stehen sollten.
Natürliche Konsequenzen lassen sich in folgende Formen untergliedern:
- Wiedergutmachung und Entschuldigung: Hierbei muss der Schaden, der durch das Problemverhalten entstanden ist, wiedergutgemacht werden können (z.B. das Kind ersetzt den zerbrochenen Bleistift, er putzt den verschütteten Kakao …)
- Ausschluss aus der Situation: Das Kind wird kurzzeitig aus der entsprechenden Situation ausgeschlossen (nur dann wirksam, wenn dies von dem Kind auch als unangenehm erlebt wird). Die Mindestzeit sollte pro Lebensjahr etwa eine Minute betragen.
- Entzug von Privilegien: Sie können dem Kind Dinge entziehen, die er gerne mag (z.B. darf das Kind nur dann neben Ihnen sitzen, wenn es Sie in Ruhe arbeiten lässt)
- Einengung des Handlungsspielraums: Setzten Sie negative Konsequenzen nicht durch Worte, sondern durch eigene Handlungen. Dies ist vor allem bei jüngeren Kindern sinnvoll (z.B. Sie führen das Kind an der Hand zu seinem Sitzplatz).
Bei allen Konsequenzen sollten Sie dabei auf folgende Punkte achten:
- Negative Konsequenzen müssen durchführbar sein
- sie sollten möglichst zeitnah erfolgen (wenn dies nicht möglich sollten sie zumindest unmittelbar angekündigt werden und dann zum nächstmöglichen Zeitpunkt durchgeführt werden)
- sie müssen regelmäßig erfolgen
führen Sie keine langen Diskussionen mit dem Kind.
4. Erstellen Sie Belohnungspläne!
In vielen Fällen, in denen sich problematisches Verhalten verfestigt hat, hat es sich als hilfreich herausgestellt, Veränderungen durch Belohungspläne zu erreichen. Hierbei werden im Wesentlichen zwei verschiedene Varianten unterschieden: der Punkte-Plan oder der Wettkampf um lachende Gesichter. Beim Punkte-Plan erhält das Kind immer dann einen Punkt, wenn es sich an eine Regel gehalten hat. Beim Wettkampf um lachende Gesichter wird ihm hingegen ein Punkt entzogen, wenn er das Problemverhalten zeigt und er darf die verbliebenden Punkte später gegen eine Belohnung umtauschen.
Der Punkte-Plan
Die Entwicklung des Punkte-Plans:
- Beschreiben Sie, wie das erwünschte Verhalten in der Situation aussehen müsste (z.B. Das Kind stellt nach dem Essen seinen Teller weg).
- Wählen Sie die Art der Punkte aus, die das Kind erhält, wenn er sich angemessen verhält (z.B. Stempel/Smileys aus den Punkteplan)
- Bestimmen Sie die Verhaltensweisen, für die es einen Punkt gibt (siehe auch Mein Punkteplan)
- Legen Sie gemeinsam mit dem Kind eine Wunschliste für Sonderbelohnungen an (Kakao holen, Sammelbilder, beim Kopieren helfen, ein Buntstift …). Die Liste sollte dabei kleinere und größere Belohnungen enthalten.
- Bestimmen Sie die Anzahl der Punkte, die für die Sonderbelohnung notwendig sind.
Der Wettkampf um lachende Gesichter
Die Entwicklung des Wettkampfes um lachende Gesichter:
- Beschreiben Sie das problematische Verhalten des Kindes, um welches gespielt wird, möglichst genau (z.B. steht bei den Hausaufgaben häufig auf). Es hat sich als günstig herausgestellt, zu Beginn, zwei störende Verhaltensweisen herauszugreifen.
- Wählen Sie den Beginn und das Ende der Spielzeit (z.B. zwei Stunden vor dem Abendessen).
- Erklären Sie dem Kind die Spielregeln: Jeden Tag wird um 10 Gesichter gespielt. Sie als Eltern dürfen immer dann ein Gesicht markieren, wenn das Kind das Problemverhalten zeigt. Alle Gesichter, die am Ende übrigbleiben, darf das Kind in seiner Farbe markieren. Diese kann es dann gegen eine Sonderbelohnung umtauschen.
- Legen Sie gemeinsam mit dem Schüler eine Wunschliste für Sonderbelohnungen an.
- Bestimmen Sie die Anzahl der Gesichter, die für die Sonderbelohnungen notwendig sind.
Im Anhang finden Sie Vorlagen für die Spielregeln und den Spielplan für den Wettkampf um lachende Gesichter sowie eines Punkteplans und eines Punktekontos.